FuE-Bedarfe und Optimierung von Auslegungsrichtlinien für Bauteile der Wasserstoffinfrastruktur

Für den Transport und die Speicherung von Wasserstoff kann Deutschland auf eine großflächige bestehende Erdgasinfrastruktur zurückgreifen, die allerdings für den Betrieb mit Wasserstoff neu qualifiziert werden muss. Viele Industriezweige prüfen gerade, ob ihre Produkte für die aufzubauende Wasserstoffinfrastruktur verwendet werden können. Bei dieser Bewertung haben Auslegungsrichtlinien eine zentrale Bedeutung, da sie Handlungsanweisungen geben, wie Unternehmen die Lebensdauer ihrer Produkte nach dem aktuellen Stand der Technik bewerten müssen. Wichtige Auslegungsrichtlinien sind die Druckbehälterrichtlinie AD 2000 (diese enthält alle Sicherheitsanforderungen der European Pressure Equipment Directive (2014/68/EU) und die europäische harmonisierte Druckbehälternorm EN 13445, basiert auf der AD 2000), die FKM-Richtlinien für Bauteile und Komponenten des allgemeinen Maschinenbaus, sowie die DVGW-Merk-blätter/Arbeitsblätter2 G409, G463 und G464 für Pipelines. Der aktuelle Stand der Technik bei Wasserstoffanwendungen wird in der AD 2000 und den FKM-Richtlinien unzureichend abgebildet. Dies führt dazu, dass Firmen ihre Produkte nicht hinreichend bewerten können, was momentan ein großes Hindernis beim Aufbau der Wasserstoffinfrastruktur darstellt.

Qualifizierung von Pipelines im Kontakt mit Wasserstoff 

Die technische Herausforderung ist die sogenannte Wasserstoffversprödung insbesondere von Stahl. Bei Kontakt mit Wasserstoffgas können diverse mechanische Eigenschaften verringert und somit die Sicherheit, Lebensdauer und Zuverlässigkeit von Bauteilen und Komponenten reduziert werden. Im DVGW-Merkblatt G464 zur Bewertung der »H2-Readiness« von Pipelines ist dieser Mechanismus bereits integriert. Aufbauend auf diesem Stand der Technik wurden im »TransHyDE«-Projekt »Sichere Infrastruktur« erste Bewertungskriterien für die Qualifizierung von Pipelines optimiert. Diese geben einen Einblick, welche potenziellen Verbesserungen bei Werkstoffen und Fertigungsverfahren den größtmöglichen Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit haben. Das Projekt ist Teil des Wasserstoff-Leitprojektes »TransHyDE« und wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.

Die in »TransHyDE« formulierten Bewertungskriterien ermöglichen hierbei, die Optimierungsbereiche mit dem größtmöglichen Potenzial zu identifizieren. Zu diesem Zweck wurden Sensitivitätsanalysen durchgeführt und mögliche Szenarien wie verbesserte Werkstoffe, Bauteilprüfungen und Prüfmethoden zur Defektdetektion verglichen. Ein besonders großes Optimierungspotenzial kommt der Defektdetektion durch die zerstörungsfreie Prüfung nach Fertigung oder auch als wiederkehrende Prüfung des installierten Systems zu. Für besonders kritische Anlagenteile kann eine Einzelprüfung der verbauten Bauteile in Betracht gezogen werden. Die Optimierung der chemischen Zusammensetzung der Stähle und der dazugehörenden Wärmebehandlung mit dem Ziel, den schädigenden Einfluss des Wasserstoffs zu reduzieren, bietet ebenfalls Potenzial. Das DVGW-Merkblatt G464 ermöglicht eine sichere, konservative Bewertung, und die im Projekt erläuterten Bewertungskriterien leisten einen wichtigen Beitrag zur weiteren Optimierung. Diese werden im bis 2025 laufenden Projekt durch ermittelte Kennwerte ergänzt. Parallel werden Prüfverfahren weiter verbessert. 

In enger Kooperation der beteiligten Forschungsstellen und Industrieunternehmen sollen die Bewertungskriterien schlussendlich Einzug in deutsche und internationale Normen und Verbandsrichtlinien halten. In dieser Form sind sie auch für nichtbeteiligte Unternehmen – insbesondere kleine und mittlere Unternehmen – anwendbar und können einen Beitrag zum sicheren und wirtschaftlichen Betrieb der deutschen Wasserstoffwirtschaft leisten. Ziele für kommende Forschungsaktivitäten ist, diesen Schädigungsmechanismus in den nächsten Jahren in weitere wichtige Auslegungsrichtlinien (AD 2000 und FKM) zu integrieren und so Unternehmen eine sichere Bewertung ihrer Bauteile und Komponenten zu ermöglichen.

Hierbei hat das Fraunhofer IWM eine führende Rolle übernommen und kann basierend auf jahrzehntelangen Erfahrungen schnell Lösungen für Industriebetriebe anbieten. Diese können in gemeinsamen Projekten die technischen Details erarbeiten, um Bauteile für Wasserstoffanwendungen qualifizieren zu können.

 

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© Projektträger Jülich im Auftrag des BMBF