Der polykristalline Aufbau metallischer Werkstoffe hat in Umformprozessen großen Einfluss auf das mechanische Verhalten: Beispielsweise beeinflussen die Kornorientierung bzw. die kristallografische Textur und die Kornmorphologie die plastische Deformation. Mit unserem »Virtuellen Labor« simulieren wir diese Veränderungen in der Mikrostruktur und ihre Auswirkungen auf das mechanische Werkstoffverhalten auf der Mikro- und Makroebene. Somit sind wir in der Lage, die Entwicklung der Werkstoffeigenschaften wie beispielsweise der Textur und des Fließverhaltens vorauszusagen.
In dem »Virtuellen Labor« wird ein digitaler Zwilling des Werkstoffs erzeugt. Das hierbei verwendete Materialmodell berücksichtigt die Mikrostruktur des Werkstoffs in Form eines repräsentativen Volumenelements, siehe Abbildung 1. Die einzelnen Körner des Gefüges werden ortsaufgelöst abgebildet, wobei Informationen wie die Kornform, Kornorientierung oder Phasenverteilung in die Modellierung mit einfließen. Durch Berücksichtigung der Kornorientierung wird auch die Anisotropie wiedergegeben. Die Kalibrierung des Mikrostrukturmodells erfolgt anhand weniger einfach durchführbarer Versuche: Bei Blechwerkstoffen typischerweise an einem Zugversuch in Walzrichtung. Mit dem im »Virtuellen Labor« verfügbaren digitalen Zwilling des Werkstoffs ist es sehr einfach möglich, weitere »virtuelle Versuche« mit modifizierten Randbedingungen durchzuführen und somit unterschiedliche Belastungszustände zu untersuchen.
Mit dem »Virtuellen Labor« kann das makroskopische Werkstoffverhalten von Blechwerkstoffen effizient untersucht werden. Hierdurch lässt sich beispielweise die experimentelle Grundcharakterisierung des Blechwerkstoffs deutlich erweitern, siehe Abbildung 2. Insbesondere moderne, hochfeste Blechwerkstoffe, die vermehrt komplexe Materialmodelle erfordern, profitieren von der erweiterten Werkstoffcharakterisierung durch zusätzliche Daten aus dem »Virtuellen Labor«. Bezogen auf die Anwendungen in der Blechumformung bietet das »Virtuelle Labor« folgende Einsatzmöglichkeiten:
Die aus dem »Virtuellen Labor« resultierenden Ergebnisse können in gleicher Weise weiterverarbeitet werden wie experimentelle Daten. Um diesen Prozess so einfach wie möglich zu gestalten, steht unseren Kunden eine App zur Verfügung, in der die Auswertung der virtuellen Versuche und die Erstellung von Materialkarten für die FE-Simulation effizient durchgeführt werden kann, siehe Abbildung 3. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, weitere Details, wie z. B. experimentelle Messdaten und Modellinformationen in der App abzulegen. Abgerundet wird der Funktionsumfang durch eine automatisierte Berichterstellung, in der alle wesentlichen Informationen zu den durchgeführten Mikrostruktursimulationen, der Simulationsauswertung und den ermittelten Werkstoffparametern zusammengefasst werden.
Darüber hinaus unterstützen wir Sie gerne mit dem am Fraunhofer IWM vorhandenen Know-How beim Aufbau eigener Kompetenzen zur Durchführung von »virtuellen Versuchen«.
Verbesserte Blechumformsimulation durch 3D-Werkstoffmodelle und erweiterte Schalenformulierungen - Teil 2
Abschlussbericht (2023): EFB-Forschungsbericht 607 (2023) 146 Seiten
Wessel, A.; Butz, A.; Schilling, M.; Willmann, T. Bischoff, M.
Fördermittelgeber: Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz BMWK
Förderkennzeichen: IGF-Vorhaben 19707N
Projektlaufzeit: 01.01.2021 bis 30.06.2023
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Verbesserte Blechumformsimulation durch 3D-Werkstoffmodelle und erweiterte Schalenformulierungen
Abschlussbericht: EFB-Forschungsbericht Nr. 532; EFB, Hannover (2020) 104 S.
Butz, A.; Wessel, A.; Bischoff, M.; Willmann, T.
Fördermittelgeber: Bundesministerium für Wirtschaft und Energie BMWi
Förderkennzeichen: IGF-Vorhaben 19532 N
Projektlaufzeit: 01.05.2017 bis 31.12.2019
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