Polymertribologie – Kunststoffe im Gleit- und Wälzkontakt

© Fraunhofer IWM

Geschmierte Kunststoffe werden zunehmend unter gleitender und auch wälzender Beanspruchung (z.B. Zahnräder) eingesetzt. Ihre Vorteile sind immens, denn sie dämpfen Geräusche oder überbrücken Spalte und Toleranzen aufgrund Ihrer großen Dehnfähigkeit. Sie weisen geringe Trägheitsmomente auf. Außerdem sind sie kostengünstig in großer Stückzahl herstellbar.

Die Tribologie von Polymeren ist komplex: Schmierstoffe können zu unerwartetem Reibungs- und Verschleißverhalten führen, Elastomere zeigen in einer aggressiven Atmosphäre höhere Verschleißraten. Zuverlässige polymere Maschinenelemente brauchen maßgeschneiderte tribologische Lösungen.

Wir klären das Reibungs- und Verschleißverhalten von polymeren Tribosystemen auf und bestimmen die dazu nötigen Kennwerte. Wir klären auf, wie man effektiv einlaufende Polymersysteme wählt und optimal einlaufen lässt. Wir führen für sie Standardmessungen aus und prüfen prototypisch Bauteile. Wir helfen Ihnen Systeme unter Kenntnis von Belastungsgrenzen auszulegen. Wir beschreiben das Geschwindigkeitsverhalten der Reibung geschmierter Polymersysteme vom Haften bis zum Gleiten. Wir bestimmen Kennwerte, welche die Neigung zur Geräuschbildung betreffen und leiten Veränderungen ab. 

FuE-Leistungen zur Polymertribologie für Ihr Unternehmen

© Fraunhofer IWM
Ring-Scheibe Versuch

Tribologische Standardprüfungen

 

  • Standardprüfungen in folgenden Geometrien:
    • Pin-on-Disc und (einsinniges und oszillierendes Gleiten): ASTM G99
    • Ball-on-3-Plates (einsinniges Gleiten)
    • Ring-on-Ring (einsinniges und oszillierendes Gleiten)
    • Vierkugel-Apparat VKA (einsinniges und oszillierendes Gleiten): DIN 51350
    • Kugel-Ring und Ring-Ring (Rollen)
  • 3 Kugel-Abrasionsversuch oder Klingen-Abrasionsversuch als Modelltest für Reifenlaufflächen und Dichtungen
    • Sand-Scheibe (Reibrad): ASTM G65
    • DIN Abrader (Reibtrommel): DIN ISO 4649
    • Oberflächenindentation
  • Mikroskopie und Messung der Topografie und Rauheit der Oberfläche durch konfokale Mikroskopie
  • Analytik der Werkstoffe durch Spektroskopie: Infrarot- (FTIR), Raman- und Röntgenphotospektroskopie (XPS)
  • Prüfungen von Bauteilen bis zu TRL6 bzw. TRL7: O-Ringe, Wellendichtringe, Gleitlager, Reiblager, Rollen, Buchsen, Verzahnungen

© Fraunhofer IWM
Wirkungsdarstellung der Interaktion des tribologischen Systems

Bewertung der Substitutionsstoffe und beschleunigtes Systemdesign

 

  • Tribologische Systembewertung anhand von energetischen Kenngrößen (z.B. bei Materialsubstitutionen und neuen Systemen)
  • Beurteilung der Wirkung von Schmierstoffen auf tribologische Eigenschaften von Thermoplasten und Elastomeren
  • Messung von Begleitkennwerten: Interaktionsenergien der tribologischen Partner (Grenzflächenenergie, Spreitungsenergie, …,), Quellung, Oberflächenhärte, Oberflächenelastizität, lokale Haftreibung.

© Fraunhofer IWM
Auslagerung bei Temperatur, im Medium und Atmosphäre

Bewertung der Wechselwirkung von Polymeren mit Schmierstoffen oder Atmosphären

 

  • Charakterisierung des Reibungs- und Verschleißverhaltens unter verschiedenen Schmierungsbedingungen
  • Kontaktwinkelmessung von Schmierstoffen
  • Berechnung von Interaktionsenergien aus Oberflächenenergien und Kohäsionsenergien
  • Bestimmung des Trocknungsverhaltens
  • Messung der Aufnahmen von Schmierstoff bis zur Sättigung, Quellung
  • Messung der Veränderung von mechanischen und Dimensionsverhalten durch Auslagerungsversuche in Atmosphären
  • Bestimmung der Weichmachung oder Nachhärtung
  • Bestimmung der der Veränderung der Oberflächenhärte und Oberflächenelastizität
  • Aufbau von tribologischer und mechanischer Prüfumgebung mit Atmosphärenbedingung und vergleichende Versuche des Reibungs- und Verschleißverhaltes
  • Modellentwicklung zum Einfluss der Veränderung von Kennwerten und System durch Schmierstoffe oder die Atmosphäre

© Fraunhofer IWM
Phasenverhalten des Übergangs von Haften zu Gleiten durch oszillatorische zunehmende Belastung

Bewertung von Polymeren zur Stick-Slip Neigung

 

  • Charakterisierung des Übergangs von Haften zu Gleiten
  • Messung der Geschwindigkeitsabhängigkeit der Reibung
  • Oszillatorische Scherbelastung bis zur Haftgrenze
  • Bestimmung der Adhäsionsenergie (trocken) oder der Spreitungsenergie in geschmierten Kontakten
  • Berechnung der elastischen Länge für Elastomere
  • Numerische Simulation der Eigenfrequenzen und der Anregbarkeit des makroskopischen Kontakts

© Fraunhofer IWM
räumliche und zeitliche Anpassung einer Tribobelastung zur Optimierung der Morphologie durch Einlauf

Systemanalyse

 

  • Reibungs- und Verschleißkarten
    • Erstellung einer Belastungsstrategie für eine gestufte Belastungsrampe
    • Berechnung der Kontakttemperatur für jede Belastungsstufe
    • Einteilung der Belastungsfenster in thermische Fenster der Werkstoffe und nach Proportionalität von Reibung und Verschleißrate
    • Wirkungsanalyse der Anreicherung oder Verarmung der Füllstoffe
    • Modellanpassung von physikalisch motivierten Reibmodellen und Verschleißmodellen
  • Optimierung des Einlaufverhaltens
    • Screening nach sensitiven Lastfenstern für eine hohe Einlaufwirkung
    • Erprobung einer angepassten Einlaufprozedur bzw. Einlaufbelastung
    • Charakterisierung der eingelaufenen Eigenschaften: Oberflächenhärte, Verteilung von Füllstoffen, Polymertransfer, Einglättung und Aufrauhung
    • Prüfung der Stabilität eingelaufener Systeme
    • Entwicklung von intermittierenden Einlaufsequenzen
  • Reibung von strukturierten Elastomeroberflächen
    • Berechnung der elastischen Länge des Kontaktes aus Oberflächenenergie und -Elastizität
    • Messung der Periodizität des Rauheitseingriffs
    • Bewertung und Modellbildung des Reibverhaltens der strukturierten Kontaktfläche unter Scherung

© Fraunhofer IWM
FE-Simulation der verschleißinduzierten Veränderung der Belastung der Bauteile

Simulation von Bauteilverschleiß

 

  • Erstellung eines auf das notwendigste abstrahierten Bauteil- und Kontakt-modells
  • Erstellung von thermischen und mechanischen Randbedingungen
  • Recherche zu thermophysikalischen und zu parametrischen Daten des Tribosystems insbesondere des Reibung- und Verschleißverhaltens
  • Anpassung von Abbildungsfeinheit und Belastungsfokussierung
  • Simulationskampagnen zur Stabilität der thermischen und mechanischen Stabilität des Kontaktes
  • Erstellung eines angepassten Konzeptes zur Zeitschrittabbildung der Kontaktveränderung durch Verschleiß
  • Simulation der Verschleißinduzierten Veränderung der Belastung der Bauteile

© Fraunhofer IWM
FE-Modell des Stift-Scheibe Versuches mit thermischen Randbedingungen der Wärmequellen und Wärmesenken sowie der Übergangszahlen zwischen Bauteilen und Stoffen

Simulation der Reibungsinduzierten Bauteilerwärmung

 

  • Erstellung von Bauteil- und Baugruppenmodellen und von thermischen Randbedingungen der Wärmequellen und Wärmesenken sowie der Übergangszahlen zwischen Bauteilen und Stoffen
  • Recherche zu thermophysikalischen Daten und Daten zu Konduktion, Konvektion und Strahlung
  • Simulationskampagne zur Prüfung der Stabilität und Dominanz der gewählten thermischen Situation
  • Simulationskampagne der zeitlichen Abbildung von transienten und eingeschwungenen Temperaturverteilungen
  • Simulation der relevanten Temperaturzustände für die Bewertung

nach oben

Ausgewählte Forschungsprojekte

Verschleiß von Reifenelastomeren

 

Naturkautschuk ist hinsichtlich seiner mechanischen und tribologischen Eigenschaften unerreicht und ist z.B. für hochbeanspruchte Reifen (Flugzeuge, Baustellenfahrzeuge) das „Elastomer der Wahl“. Naturkautschuk kristallisiert unter Dehnung – diese Neigung ist ausgeprägter als bei Synthesekautschuken und einer der Gründe für seine guten Eigenschaften. Biologische Begleitstoffe, die im Naturkautschuk enthalten sind, tragen zu seiner Dehnungskristallisation bei. Im Fraunhofer-Projekt BISYKA wurde untersucht, ob diese biologischen Begleitstoffe eine vergleichbare Verbesserung der Werkstoffeigenschaften bewirken können, wenn sie hoch stereoregulären Synthesekautschuk beigesetzt werden. Am Fraunhofer IWM wurde die Abriebresistenz dieser neuen Elastomermuster untersucht.

Weitere Informationen:

Projektprofil: BISYKA: Biomimetischer Synthesekautschuk in innovativen Elastomerkompositen - Fraunhofer IWM

Laser Strukturierte und DLC- beschichtete Elastomerdichtungen

 

Zur Reduktion der Reibkräfte dynamischer Dichtungen wird bei Elastomerdichtungen in der Regel das Prinzip des Abhebens der Dichtlippe über die Fliehkraft ausgenutzt. Dieses führt bei höheren Drehzahlen zu einem fast reibungsfreien Betrieb, bei niedrigeren Drehzahlen ist jedoch ein entsprechend hoher Anpressdruck nötig, um zuverlässig abzudichten. Dieser erhöhte Anpressdruck führt zu hohen Reibungen und Verschleiß und gleichzeitig zu einem verspäteten Abheben oder gar keinem Abheben der Dichtung. Insbesondere bei großen Dichtungen mit großen Verwindungen wie im Windkraftbereich, die teilweise Durchmesser von über 1,5 m aufweisen, kann nur mit einem sehr großen Anpressdruck eine Dichtigkeit über den gesamten Betrieb gewährleistet werden.

Sehr harte und reibarme Diamantähnliche Kohlenstoffschichten (DLC) können helfen, einerseits die Reibung zu senken und andererseits die Verschleißfestigkeit deutlich zu erhöhen. Allerdings sind DLC Schichten in sich spröde und können von sich aus den Dehnungen der Elastomere nicht folgen, ohne zu reißen. Die Schichten „schwimmen“ dann wie ein Schuppenpanzer auf dem Material. Die Größe der Schuppen wird dabei von den Schichteigenschaften bestimmt. Größere Druckeigenspannungen können z.B. zu großen Verwölbungen und Undichtigkeiten führen. Im Tribokontakt werden die Schuppen immer kleinteiliger und begrenzen die Lebensdauer der Dichtungen.

Zusammen mit dem Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF und dem Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT hat das Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik IWM (das µTC) in diesem Projekt eine Kombination aus angepassten Elastomeren, einer Laserstrukturierung sowie einer entsprechenden DLC Beschichtung entwickelt, welche den Reibwert der Dichtungen senkt, den Einsatzbereich der Dichtungen (Lasten, Temperaturen) deutlich erweitert und die Lebensdauer erheblich verlängert.

Weitere Informationen:

Projektprofil: HoLeiEla: Laser Strukturierte und DLC- beschichtete dynamische Elastomerdichtungen für die Energiewende - Fraunhofer IWM

Thermoplaste in der Antriebstechnik

 

In einer Open Access Veröffentlichung im Journal Lubricants MDPI beschreiben wir die Auswirkungen der spezifischen Paarung von Schmierstoff und Thermoplasten bei geringer Belastung in der Mischreibung gegen Stahl. Schmierstoffe können von Thermoplasten aufgenommen werden oder aber über Ihre Neigung in den Spalt zu spreiten die adhäsive Reibung des benetzten Systems verändern. Über energetische Kenngrößen der Spreitung und der Interaktion können Reibung, Sorption und Verschleiß von Thermoplasten in Ihrer Neigung beschrieben werden.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Abnahme der Härte und des mechanischen Moduls aufgrund von Sorption und Plastifizierung als Hauptfaktoren für eine Zunahme der Verschleißrate in der Mischreibung bestätigt wurden. 

Weitere Informationen:

Publikation: Koplin, C.; Oehler, H.; Praß, O.; Schlüter, B.; Alig, I.; Jaeger, R., Wear and the transition from static to mixed lubricated friction of sorption or spreading dominated metal-thermoplastic contacts, Lubricants 10/5 (2022) Art. 93, 21 Seiten Link

nach oben

Publikationen

Koplin, C.; Oehler, H.; Praß, O.; Schlüter, B.; Alig, I.; Jaeger, R., Wear and the transition from static to mixed lubricated friction of sorption or spreading dominated metal-thermoplastic contacts, Lubricants 10/5 (2022) Art. 93, 21 Seiten Link

Abdel-Wahed, S. A.; Koplin, C.; Jaeger, R.; Scherge, M., On the transition from static to dynamic boundary friction of lubricated PEEK for a spreading adhesive contact by macroscopic oscillatory tribometry, Lubricants 5/3 (2017) Art. 21, 9 Seiten Link

Koplin, C.; Abdel-Wahed, S.; Jaeger, J.; Scherge, M., The transition from static to dynamic boundary friction of a lubricated spreading and a non-spreading adhesive contact by macroscopic oscillatory tribometry, Lubricants 7/1 (2019) Art. 6, 14 Seiten Link

Koplin, C.; Weißer, D:F.; Fromm, A.; Deckert, M.H., Stiction and friction of nano- and microtextured liquid silicon rubber surface formed by injection molding, Applied Mechanics 3/4 (2022) 1270-1287 Link

Vogel, S.; Brenner,  A.; Schlüter, B.; Blug, B.; Kirsch, F.;  Roo, T. van, Laser structuring and DLC coating of elastomers for high performance applications, Materials 15/9 (2022) Art. 3271, 13 Seiten Link

Koplin, Christof  ;Schirmeister, Carl ;Schlüter, Bernadette ;Hohe, Jörg  ;Hees, Timo ;Mülhaupt, Rolf ;Jaeger, Raimund, 3D printing of lightweight "All-Polyethylene Single Component" composite materials designed for circularity (2023) Link

Koplin, Christof  ;Schlüter, Bernadette ;Jaeger, Raimund, Running-in effects of lubricated polyether ether ketone on steel for different spreading and sorption tendencies (2023) Link

Hees, Timo ;Zhong, Fan ;Koplin, Christof  ;Jaeger, Raimund  ;Mühlhaupt, Rolf, Wear resistant all-PE single-component composites via 1D nanostructure formation during melt processing (2018) Link

Stauch, Claudia  ;Ballweg, Thomas  ;Haas, Karl-Heinz ;Jaeger, Raimund  ;Stiller, Stefan ;Shmeliov, Aleksey ;Nicolosi, Valeria ;Malebennur, Sriharish ;Wötzel, Jacqueline ;Beiner, Mario  ;Luxenhofer, Robert ;Mandel, Karl, Silanization of silica nanoparticles and their processing as nanostructured micro-raspberry powders - a route to control the mechanical properties of isoprene rubber composites (2019) Link