Bei der Herstellung von Keramikfolien ist die lokale Gefügestruktur ein entscheidender Faktor für die Materialeigenschaften. Die experimentelle Bestimmung dieser Größe ist jedoch umständlich und Simulationen dienen alternativ für fundierte Entscheidungsgrundlagen. Am Fraunhofer IWM wurde ein gekoppeltes Simulationsmodell auf Gefüge- und Anlagenebene entwickelt. Dieses Modell umfasst den kompletten Ablauf des keramischen Gießprozesses einschließlich der Berechnung des Geschwindigkeitsfelds und der Partikelausrichtung im Gießschlicker und im resultierenden Produkt. Durch die Simulationen auf der Anlagenskala kann die Prozessführung beim Foliengießen kostengünstig optimiert und Toträume vermieden werden. Auf Gefügeebene erlaubt die Simulation Aussagen zur gezielten Beeinflussung die Partikelorientierung. So kann die Simulation helfen den Ausschuss zu verringern, gewünschte Gradienten in der Partikelverteilung genauer einzustellen und die Ausrichtung der Partikel gezielt zu verbessern.
Keramische Mehrlagenschaltungsträger sind u.a. in Mikrowellen-Schaltkreisen, Herzschrittmachern, Sensoren und WLAN-Einheiten zu finden. Die feinen Leiterbahnen werden durch Siebdruck auf die Platinen aufgebracht. Dazu wird eine Metallpaste, die feine Silber oder anderere Edelmetallpartikel enthält, durch eine Schablone entsprechend der gewünschten Form auf eine Oberfläche gedruckt und danach bei relativ niedriger Temperatur zusammen mit den Keramikfolien gesintert. Am Fraunhofer IWM wurde ein Simulationsmodell zur vollständigen Beschreibung des Strömungsverhaltens der Paste im Siebdruck-Prozess entwickelt und eingesetzt. Dabei wurde gezeigt, dass eine hydrophobe Beschichtung der Siebunterseite die Pastenablösung deutlich verbessert, während eine separate Beschichtung der Sieboberseite nicht notwendig ist. Dies erleichterte die Entwicklung geeignet beschichteter Siebe und daran angepasster Pasten bei den industriellen Partnern.
Robocasting ist ein Beispiel für die auf Materialextrusion basierende additive Fertigung. In diesem konkreten Beispiel wurde eine Paste betrachtet, die im mikroskopischen Maßstab aus keramischen Partikeln verschiedener Formen und Größen besteht. In dem Projekt ging es insbesondere um die Orientierung der Partikel im gedruckten Strang. Konkret wurde versucht über die Pastenrheologie und die Düsengeometrie eine einheitliche Partikelorientierung einzustellen. Hierfür wurde ein Prozessablauf etabliert, in denen Simulationen auf mikroskopische Skala die Partikelgeometrie genau auflösen und dann die Ergebnisse auf makroskopischer Skala verwendet wurden. Konkret wurden die Daten verwendet, um effektive Orientierungsmodelle zu kalibrieren. Diese Kombination ermöglicht es jede Partikelgeometrie und Größenverteilung zu berücksichtigen und mit schnellen Modellen wie dem Folgar-Tucker-Modell akkurate Partikelorientierungen vorherzusagen.