Solarzellenforschung durch theoretische Berechnungen

© Fraunhofer IWM

Hybride organisch-anorganische Halogenid-Perowskite sind die vielversprechendsten photovoltaischen Absorbermaterialien, um Silizium als Material für hocheffiziente Solarzellen ersetzen oder ergänzen zu können. Diese Hybridmaterialien sind jedoch oft durch ihre geringe Stabilität und durch kritische Bestandteile wie Blei eingeschränkt. Computergestützte Hochdurchsatz-Screening-Studien, die auf Elektronenstrukturberechnungen von Festkörpern basieren, helfen dabei, mögliche Ersatzmaterialien mit geeigneten Eigenschaften zu identifizieren. Eine genaue Beschreibung der Elektronenstruktur unter Betriebstemperaturen von Solarzellen ist allerdings äußerst schwierig. Die Vorhersagekraft früherer rechnerischer Studien ist daher begrenzt. So konnten bisher noch keine idealen bleifreien Absorbermaterialien identifiziert werden. Die Wirkungsgrade bleihaltiger Materialien bieten weiteres Optimierungspotenzial.

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(a) Obwohl sie gemittelt über Zeit und Ort experimentell beobachtet wird, entspricht die geordnete kubische Phase nicht der tatsächlichen Perowskitstruktur bei endlichen Temperaturen. Stattdessen liegt eine lokal verzerrte und verkippte Struktur vor, wie durch Analyse der Bindungsabstände (b) und Bindungswinkel (c) von BX6 Oktaedern in ab initio Molekulardynamikberechnungen zu beobachten ist. Durch diese Strukturänderungen wird die Elektronenstruktur stark beeinflusst und die beobachtete elektronische Bandlücke von beispielsweise CsPbI3 von ~1.0 eV auf 1.78 eV angehoben.

Im Fraunhofer-Leitprojekt MaNiTu setzen wir uns mit diesen Aspekten auseinander. Zum einen wollen wir neue Absorbermaterialien identifizieren, die weder Blei noch andere kritische Elemente enthalten. Dazu nutzen wir eine Kombination aus automatisiertem Literaturscreening von gesammelten Literaturdaten und Hochdurchsatz »First-Principles«-Berechnungen. Zum anderen müssen die Referenzverbindungen, die derzeit die besten Wirkungsgrade bei der Energieumwandlung aufweisen, sowohl aus qualitativer als auch quantitativer Sicht besser verstanden werden. Insbesondere die dynamische Struktur der Absorbermaterialien beeinflusst die optischen und elektronischen Eigenschaften stark, was zu erheblichen Diskrepanzen zwischen Standardberechnungen (unter Verwendung von Modellen bei null Kelvin) und experimentellen Messungen (bei Raumtemperatur) führt. Wir haben einen effizienten »Work-flow« basierend auf Methoden der Dichtefunktionaltheorie entwickelt, der dazu geeignet ist, Bandlücken für beliebige Verbindungen zuverlässig und in guter quantitativer Übereinstimmung mit experimentellen Bandlückendaten vorherzusagen. Dadurch ist es möglich, intensiv untersuchte Absorbermaterialien wie (HC(NH2)2)xCsxPb(IyBry)3 (wobei x und y zwischen null und eins variiert werden können) im Detail zu analysieren, die Eigenschaften neuartiger Verbindungen mit höherer Genauigkeit vorherzusagen und die Grenzflächeneigenschaften weiter zu analysieren.

Fraunhofer Leitprojekt »MaNiTu«

Efficient Modeling Workflow for Accurate Electronic Structures of Hybrid Perovskites | The Journal of Physical Chemistry C (acs.org)