Ontologie-basierte interoperable Workflows zur Entwicklung und Optimierung von Stahlwerkstoffen für den Bauteileinsatz: Von der Blechhalbzeugherstellung zur Crashsicherheit
Die zukünftigen Herausforderungen im Bereich der Stahlherstellung und –verarbeitung sind die Neu- und Weiterentwicklung von Stählen mit maßgeschneiderten Anwendungseigenschaften sowie die Umstellung der Stahlherstellung auf CO2-arme Verfahren. Ziel des Projektes StahlDigital ist es, Ontologie-basiert einen interoperablen Workflow für Stähle mit zugehöriger Datenspeicherung zu schaffen, in die Plattform MaterialDigital zu integrieren und den Mehrwert für einen ausgewählten, Industrie-relevanten Anwendungsfall für das Material-, Prozess- und Bauteildesign, repräsentiert von den Industriepaten thyssenkrupp Steel, Kirchhoff Automotive, Daimler und DYNAmore, zu demonstrieren. Der Anwendungsfall behandelt die Entwicklung und Optimierung von Stahlblechen für Karosseriebauteile und reicht von der Halbzeugherstellung, über die Bauteilherstellung (Umformen) bis zur Bauteileigenschaft (Crashsicherheit). Der Lösungsansatz für diese materialwissenschaftlichen Herausforderungen der digitalen Transformation verfolgt drei Teilziele:
Entwicklung einer Domänen-spezifischen Ontologie am Beispiel der Prozesskette von zwei Stahlwerkstoffen: Das Vorhaben StahlDigital fokussiert auf die Entwicklung einer Domänenontologie für zwei ausgewählte, industriell wichtige Stahlblechwerkstoffe (mikrolegierter Stahl und Dualphasenstahl) für Karosseriebauteile. Die Ontologie-basierte Beschreibung beinhaltet die Abbildung des Werkstoffzustandes auf verschiedenen Größenskalen (Bauteil, Mikrostruktur, lokale chemische Zusammensetzung) sowie die Beschreibung des jeweiligen Prozessschritts. Ziel ist es, eine Ontologie zur Beschreibung des Simulationsworkflows, verknüpft mit experimentellen Prozess- und Messdaten, zu erhalten und der Plattform MaterialDigital zu übergeben.
Ontologie-basierte interoperable Workflows für Simulationstools und Daten: Um die Flexibilität der verwendeten Simulationstools und Daten zu ermöglichen, erfolgt die Beschreibung der Simulationstools, der Messdaten, der Fertigungsprozesse und der notwendigen Workflows in diesem Projekt auf der Basis der entwickelten Domänenontologie. Neben der Interoperabilität sollen die Workflows, die Einbindung von Versuchs- und Prozessdaten, die Nachvollziehbarkeit der Ergebnisse sowie geeignete Visualisierungen erarbeitet werden. Tools und Workflows für Strukturmaterialien auf der Kontinuumskala werden als eigenständiges pyiron-Modul der Plattform MaterialDigital zur Verfügung gestellt, wobei die Anknüpfung an das atomistische Modul für die chemischen Freiheitsgrade ein zentrales Anliegen ist.
Demonstration der Leistungsfähigkeit anhand industrieller Anwendungsszenarien im Kontext der Stahlherstellung und -verarbeitung: Die Leistungsfähigkeit der entwickelten Methoden und Tools wird durch die Anwendung der darin implementierten Funktionalitäten auf typische Fragestellungen entlang der betrachteten Prozesskette demonstriert. Auf Basis der Ontologie-basierten digitalen Zwillinge von Material, Prozess und Bauteil wird beispielsweise der Einfluss der chemischen Zusammensetzung auf die Eigenschaften des Kaltbands und der Einfluss des Kaltwalzens auf die Umformbarkeit bzw. die Crashperformance des Bauteils dargestellt.
Die Verwertung der in dem Vorhaben erzielten Ergebnisse erfolgt durch eine enge Anbindung an die Plattform MaterialDigital, um die entwickelten Software-Tools für die Nutzung durch Dritte möglichst einfach zugänglich zu machen. Damit werden die Grundlagen bzw. Voraussetzungen für die beschleunigte Integration von neuen Werkstoffen und Prozessen in die Produktentwicklung von Blechbauteilen gelegt, was mittelfristig zu einer erheblichen Verkürzung der time-to-market-Phase führen soll. Aufgrund der Übertragbarkeit der Projektergebnisse werden diese nachhaltig die Materialforschung und -entwicklung sowie die Herstellung und Verarbeitung von Materialien mit digitalen Methoden, Konzepten und Verfahren unterstützen.