Entwicklung eines Qualifikationskonzepts für Leichtbaurohre für Wasserstoffanwendungen

Zur Herstellung von Wasserstoffpipelines werden aus Kostengründen meist niedriglegierte Stähle verwendet. Entsprechende Regelwerke, mit denen Pipelines für den Transport wasserstoffhaltiger Gase ausgelegt und qualifiziert werden können, sind zum Beispiel die ASME1 B31.12 und das DVGW2-Merkblatt G 464. Darin sind jeweils bruchmechanische Ansätze zur Bewertung des Risswachstums eines postulierten Anfangsdefekts durch Druckschwankungen in der Pipeline verankert, die im Allgemeinen sichere, jedoch auch sehr konservative Lebensdauervorhersagen garantieren. Die Entnahme der vorgeschriebenen Probengeometrien für Werkstoffprüfungen in Druckwasserstoff gestaltet sich bei kleinen Wandstärken allerdings schwierig. Zwar können dann konservative Ersatzwerte ermittelt und verwendet werden, jedoch bleiben somit entsprechende Reserven der Werkstoffe unangetastet.

Für Rohrleitungen mit kleinen Baugrößen und geringen Wandstärken zur Verteilung von Wasserstoff in Anlagen oder in Fahrzeugen gibt es einen großen Bedarf an wirtschaftlichen Materiallösungen. Eine wirtschaftlich attraktive Materialklasse für druckwasserstoffführende Rohre sind hochfeste hochduktile Stähle. Unter Druckwasserstoff wird hierbei gasförmiger Wasserstoff mit bis zu 1000 bar Druck verstanden. Die Entwicklung und der Nachweis der Machbarkeit eines Leichtbaukonzepts für innovative Wasserstoffrohre erfolgt im vom BMWK geförderten Projekt »H2-Leichtbaurohr« und wird in Kooperation mit thyssenkrupp Hohenlimburg GmbH, Benteler Steel/Tube GmbH, iChemAnalytics GmbH und VOSS Fluid GmbH durchgeführt.

© Fraunhofer IWM

Da druckwasserstoffführende Rohre in Verteilleitungen viel kleiner als Transportpipelines sind, ist eine bruchmechanische Werkstoffcharakterisierung und Lebensdauerbewertung nach der ASME B31.12 und dem DVGW-Merkblatt G 464 nicht möglich. Zudem existieren aktuell keine genormten Prüfverfahren oder Probengeometrien, um Wasserstoffrohre für den industriellen Einsatz zu qualifizieren. Daher wird am Fraunhofer IWM eine effiziente Prüftechnik mit einem speziell für Leichtbaurohre zugeschnittenen Wasserstoffautoklaven entwickelt und aufgebaut. Die Entwicklung und Validierung eines anrissbasierten Lebensdauermodells für wasserstoffführende Rohre erfolgt auf Basis der im Wasserstoffautoklaven ermittelten Wöhlerkurven. Dieses Lebensdauermodell ermöglicht den industriellen Herstellern und Betreibern von Leichtbaurohren, die im Betrieb erfahrenen Belastungen zu bewerten und die Betriebsdauer von typischen Belastungsszenarien präzise vorherzusagen. 

Das Gesamtpaket aus effizienter Prüftechnik, Probengeometrien, Modell zur Lebensdauervorhersage der Rohre und letztlich der Nachweis der Gebrauchseignung der hochduktilen Stähle für Wasserstoffrohre soll anschließend über relevante Gremien in Normen und Richtlinien verankert werden, um eine schnelle Marktdurchdringung des Leichtbaukonzeptes zu erreichen.

 

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