Projektbeschreibung
Um elektrisch über lange Strecken zu fliegen, muss eine Vielzahl von Herausforderungen gelöst werden. Neben der Einsparung von Energie, der Reduktion von Masse sowie der Erhöhung der Effizienz des Gesamtsystems, braucht es geeignete Energieträger als Alternative zum Kerosin, um eine umweltfreundliche Luftfahrt zu ermöglichen.
Im Verbund wird ein Antriebsstrang mit Flüssigwasserstoff (LH2) als primärer Energieträger und einem kryogen-gekühlten elektrischen Antrieb entwickelt. Der Flüssigwasserstoff hat mit >30 kWh/kg die dreifache gravimetrische Energiedichte wie Kerosin mit 12 kWh/kg und wird bei zirka -250°C gespeichert. Diese Kombination kann sich bei geeigneter Nutzung sehr vorteilhaft auf das Gesamtsystem auswirken. Der kryogene Temperaturbereich ermöglicht unter anderem den Einsatz von Supraleitung ohne zusätzlichen Energieaufwand, bringt aber gleichzeitig große Herausforderungen an die Konstruktion und die Werkstoffe mit sich. In stationären Anwendungen von supraleitenden Generatoren konnten bereits Wirkungsgrade von bis zu 98% erreicht werden. Ob diese Effizienz auch bei Luftfahrtanwendungen innerhalb der untersuchten Leistungsklasse realisierbar ist, soll eine Studie zur Anwendbarkeit von Supraleitung zeigen. Das Gesamtsystem wird mit Hilfe digitaler Methoden auf seine Skalierbarkeit untersucht und anschließend die Übertragbarkeit auf andere Leistungsklassen bewertet.
Zur weiteren Steigerung des Leichtbaupotenzials werden im Arbeitspaket 2 neuartige additive Verfahren und Bauweisen entwickelt, um die geometrische Freiheit bei der Gestaltung disruptiver Ansätze zu erhöhen und bisher nicht realisierbare Bauteile möglich zu machen. Dabei liegt der Fokus auf den im Elektromaschinenbau wichtigen Materialien Kupfer und Aluminium. Letzteres soll durch eine Weiterentwicklung der Prozesskette tieftemperaturtauglich gemacht werden. Die extremen Umgebungsbedingungen von flüssigem Wasserstoff haben nämlich Nachteile, die sich negativ auf die elastisch-plastischen Eigenschaften auswirken können. Die gängigen Datenbanken, Datenblätter und Literaturquellen enthalten nur sehr wenige bis gar keine Informationen über die Materialeigenschaften bei tiefkalten Temperaturen und in Wasserstoffatmosphäre. Mit dieser Datenbasis ist eine Luftfahrtzulassung der Werkstoffe und Fertigungsprozesse nicht möglich.
Das LuFo-Vorhaben »AdHyBau« konnte in einem ersten Schritt ausgewählte, additiv hergestellte, metallische Werkstoffe grundlegend untersuchen und deren Eignung für diese Randbedingungen abklären. Allerdings sind die für eine Luftfahrtzulassung benötigten Materialdaten noch nicht vollständig. Darüber hinaus ist für die Entwicklung einer aufbau- und testfähigen Hardware ebenfalls eine vollständige Beschreibung der elastisch-plastischen Eigenschaften der Werkstoffe erforderlich. Nur so können eine sichere Konstruktion und folglich ein sicherer Testbetrieb gewährleistet werden. Ein elektrischer Antrieb benötigt über die Strukturmaterialien hinaus zwingend Funktionswerkstoffe z. B. für die elektrische Isolation oder die magnetische Flussführung. Hier sind die Datenlücken für die Umgebungsbedingungen gravierend. Die grundlegende Untersuchung dieser Materialien durch die beteiligten Institute und Universitäten ist deshalb zwingend erforderlich, um das Verbundziel des Funktionsnachweises für den elektrischen Antrieb durch experimentelle Untersuchungen zu erbringen. Die notwendige Erforschung der Werkstoffe wird auf Basis der auf die Luftfahrtzulassung abgestimmten Prüfstrategie im Arbeitspaket 3 durchgeführt. Die Ergebnisse bilden die Grundlage für eine zukünftige Zulassung für die Luftfahrt.
Der Digitale Zwilling eines elektrischen Antriebs, welcher im LuFo-Vorhaben »AdHyBau« über einen durchgehenden Design- und Simulationsprozess vorbereitet wurde, ist die Basis zur Digitalisierung der F&E Tätigkeiten. In Arbeitspaket 4 wird durch Modellordnungsreduktion die Komplexität der Modelle bei gleichbleibender Ergebnisqualität reduziert, um den Ressourcenbedarf und die Rechenzeit signifikant zu verringern. Dadurch sind Studien zur Akustik und zur Skalierbarkeit sowie eine neuartige Methode zur multikriteriellen Optimierung von Struktur- und Funktionsbauteilen erstmalig möglich.
Der Aufbau, die Inbetriebnahme und die experimentelle Erprobung des Antriebs unter Laborbedingungen sind ein wesentlicher Bestandteil des Vorhabens. Diese Arbeiten werden im Arbeitspaket 5 durchgeführt. Der elektrische Antrieb soll TRL-4 erreichen. Aus den Erkenntnissen der experimentellen Erprobung entstehen wichtige Rückschlüsse für die Weiterentwicklung zum Demonstrator.
Teilvorhaben Fraunhofer IWM: Untersuchung additiv gefertigter Werkstoffe und Substrukturen unter Wasserstoffeinfluss und tiefkalter Temperatur und Entwicklung mechanismenbasierter Lebensdauermodelle
Das Fraunhofer IWM ist Entwicklungspartner im Bereich der Zuverlässigkeit, Sicherheit, Lebensdauer und Funktionalität von Bauteilen und Systemen. Insbesondere wird die numerische Modellierung und Simulation des Werkstoffverhaltens unter verschiedensten Belastungen dazu genutzt, um Aussagen zum Einsatzverhalten von Bauteilen treffen zu können. Mittels neuester Versuchstechnik werden Fragestellungen zur Wasserstoffversprödung analysiert. Modelle zur Berücksichtigung des Einflusses von Wasserstoff auf mechanische Eigenschaften werden am Fraunhofer IWM entwickelt, genutzt und fortlaufend erweitert.
Im Projekt werden am Fraunhofer IWM additiv gefertigte Metalle hinsichtlich ihrer Anfälligkeit gegenüber (kombinierter) Wasserstoff- und Tieftemperatur-Versprödung untersucht, um eine Anwendung unter den genannten Bedingungen zu gewährleisten. Das Fraunhofer IWM koordiniert das Arbeitspaket 3 zur Analyse des Einflusses von Wasserstoff auf das Werkstoffverhalten für unterschiedliche Temperaturen. In diesem Rahmen wird das Fraunhofer IWM eigene Versuche zur Werkstoffqualifizierung durchführen. Dafür adaptiert das Fraunhofer IWM bestehende Prüftechniken für die nötigen Versuchsbedingungen und trägt dazu bei, diese Methoden der Werkstoffqualifizierung nutzbar zu machen. Die Ergebnisse verwendet das Fraunhofer IWM, um Materialmodelle zur Lebensdauervorhersage weiterzuentwickeln. In weiteren Arbeitspaketen ist das Fraunhofer IWM daran beteiligt, die gewonnenen Kenntnisse auf Bauteile bzw. Substrukturen zu übertragen. Die Forschung am Fraunhofer IWM ist Grundlage für eine zukünftige Luftfahrtzulassung und Industrialisierung der Technologie.