Werkstoffe für Leichtbau und Hochtemperaturanwendungen müssen vor ihrer Verwendung zunächst qualifiziert werden, um sie optimal einsetzen zu können. Die dafür notwendigen Ermüdungsversuche können mit einem neu entwickelten optischen Dehnungsmesssystem nun mit deutlich schnelleren Prüffrequenzen durchgeführt werden, ohne dass es durch die Verwendung von konventionellen, berührenden Messsystemen zu einer ungewollten Beschädigung der Prüfkörper kommt.
Hochleistungswerkstoffe verbessern die Funktion und erweitern den Einsatzbereich von Maschinen und Anlagen, beispielsweise im Leichtbau und in Hochtemperaturanwendungen der Automobilindustrie, in Kraftwerksanlagen oder in Flugzeugtriebwerken. Komponenten auf Basis von Hochleistungswerkstoffen müssen jedoch jeweils qualifiziert werden, um die Belastbarkeit und Sicherheit des späteren Produkts zu gewährleisten. Im Hinblick auf die mechanischen Eigenschaften und das Lebensdauerverhalten geschieht dies beispielsweise mit hochfrequenten Ermüdungsversuchen unter zyklischer, wiederkehrender Belastung. Doch diese Messungen stellen hohe Ansprüche an die Messgeschwindigkeit der eingesetzten Dehnungsmesssysteme. Jetzt ist es Forschenden am Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik IWM und Fraunhofer-Institut für Physikalische Messtechnik IPM in einem gemeinsamen Projekt gelungen, die Messgeschwindigkeit für die berührungsfreie Dehnungsmessung im Rahmen von Ermüdungsversuchen um den Faktor zehn zu steigern.
Optische Dehnungsmesssysteme funktionieren berührungslos und beeinflussen somit die Probe nicht. Dieser Vorteil gilt bereits für heute übliche optische Systeme. Ihr großer Nachteil ist jedoch bisher die langsame Bildverarbeitungsgeschwindigkeit, welche die Mess- und somit auch Regelungsfrequenz begrenzt. Solch hohe Messraten sind eine Grundvoraussetzung für die optische Dehnungsregelung, an der die Wissenschaftler beider Institute aktuell mit Hochdruck arbeiten. Hohe Regelungs- und Messfrequenzen wurden bei Ermüdungsversuchen bisher nur mit taktilen Extensometern erreicht: Der dabei notwendige Anpressdruck der Extensometerstäbe kann, insbesondere bei Versuchsbedingungen, die im Bereich der Werkstoffbelastungsgrenze liegen, zu einer ungewollten Schädigung der Probe und somit Verfälschung der Messergebnisse führen. Das neue optische Messsystem nutzt schnelle, moderne Bildverarbeitungstechnologien erstmals dazu, die Vorteile taktiler und optischer Extensometer zu kombinieren: Schnelle, hochauflösende Kameras erfassen auch auf polierten Proben zuverlässig Oberflächenstrukturen und nutzen diese als natürliche Marker bei der Bildverarbeitung. Dadurch entfällt die aufwändige Probenpräparation zur Aufbringung von künstlichen Markern.
Durch eine parallelisierte Bildauswertung auf Grafikkarten lässt sich die Dehnung aktuell bereits berührungslos mit mehr als 1000 Hz messen – zuvor waren bei optischen Systemen nur Messraten bis 100 Hz möglich. Die Messgenauigkeit des neuen Fraunhofer-Dehnungsmesssystems entspricht der Klasse 0,5 nach DIN ISO 9513. Die Größe des Bildfeldes kann an die Prüfaufgabe angepasst werden, sodass die Echtzeit-Auswertung zukünftig auch dehnungsgeregelte Versuche im Mikro- und Makrobereich erlaubt. Das optische Messsystem bietet zukünftig auch die Möglichkeit von weiteren bildverarbeitenden Analysen. So könnte beispielsweise die Schädigungsentwicklung in Echtzeit oder im Nachgang analysiert werden. So erhalten Projektpartner exaktere Messdaten für noch genauere Vorhersagen der Bauteillebensdauer.
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