Alterung und Lebensdauer von Radialverdichterrädern

2019

© Fraunhofer IWM

Betriebsbedingte Werkstoffalterung bei Abgasturboladern

Abgasturbolader erfahren weiterhin eine steigende Bedeutung im Gesamtsystem des Kolbenmotors um Effizienz, Komfort und Wirtschaftlichkeit zu steigern. Das Aggregat Abgasturbolader (ATL) wird dabei stetig wachsenden Anforderungen bezüglich seiner Betriebsfestigkeit ausgesetzt. Für die Verdichterräder im ATL wird heute nahezu ausschließlich die warmaushärtbare Aluminiumlegierung EN AW-2618A verwendet. Mit einer gezielt eingestellten Mikrostruktur (metastabile, stäbchenförmige Phasen vom Typ Al2CuMg) erreicht die Legierung die geforderten Eigenschaften an Kriech- und Ermüdungsfestigkeit. Das Wachstum größerer Stäbchen auf Kosten der Kleinen setzt sich nach der Wärmebehandlung, sofern die Temperatur hoch genug ist, im Betrieb jedoch weiter fort (Werkstoffalterung) und führt in der Folge zu einem Festigkeitsverlust.

Alterungsabhängige Werkstoffcharakterisierung und Modellentwicklung

Damit das Potential des Werkstoffs während des Betriebs in Gänze ausgereizt und eine Werkstoffsubstitution infolge von möglichen Unsicherheiten aufgrund der Werkstoffalterung vermieden werden kann haben das Fraunhofer IWM in Freiburg und die BAM in Berlin die Legierung in verschiedenen Alterungszuständen experimentell hinsichtlich Ermüdungs- und Kriecheigenschaften charakterisiert. Darauf aufbauend wurden Modelle für die Lebensdauerbewertung im Rahmen der Finite Elemente Methode weiterentwickelt und implementiert. Für die Verformungsmodellierung wurde ein bestehendes Chaboche-Modell um sogenannte »inneren Variablen« für den Stäbchenradius und die akkumulierte viskoplastische Dehnung erweitert. Die Parameter für das von Alterung und Entfestigung abhängige Spannungs-Dehnungs-Verhalten werden im Modell in Abhängigkeit von diesen inneren Variablen interpoliert. Ein Cycle-Jump-Ansatz erlaubt die Extrapolation der inneren Variablen für die Alterung (Stäbchenradius) und die zyklische Entfestigung (akkumulierte viskoplastische Dehnung), welche sich im Laufe der Lebensdauer verändern, zu einem gewählten Lebensdauerzeitpunkt. Komplexere Belastungszyklen können über eine der Finiten Elemente Simulation vorgeschaltete Rainflow-Zählung zerlegt werden und finden, alterungsabhängig, in einem Postprozessing Schritt Eingang in der Lebensdauervorhersage.

 

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