Die Methode EBSD (engl.: »Electron Backscatter Diffraction« oder Elektronenrückstreubeugung) basiert auf der Beugung von Elektronen an Gitterebenen kristalliner Proben, analog zur Röntgen- oder Neutronendiffraktometrie (Braggsche Gleichung: 2dsinθ=nλ) mit der Besonderheit, dass es sich bei EBSD um ein ortsaufgelöstes Verfahren handelt. Für jeden Messpunkt wird die kristallografische Orientierung ermittelt, woraus sich eine Vielzahl mikrostruktureller Parameter quantifizieren und visualisieren lässt.
Das vom Fraunhofer IWM in 2021 angeschaffte Rasterelektronenmikroskop Sigma 300 von Zeiss ist mit einer Hochgeschwindigkeits-EBSD-Kamera von EDAX ausgestattet (Abb. 1). Dank kurzer Aufnahmezeiten, hoher Rechenleistung und Speicherkapazität sind nun große Messbereiche mit hoher Auflösung realisierbar. Zudem ist es möglich, Montage-Scans zu erstellen. Dabei wird eine definierte Messfläche durch motorisierte Tischsteuerung im REM abgefahren und die Einzelscans automatisch zusammengesetzt. Abb. 2 zeigt ein sehr grobkörniges Gussgefüge einer Nickelbasis-Legierung. Um die Körner in der Probenmitte mit Durchmessern von mehreren Millimetern gut darstellen zu können, sind große Scanbereiche notwendig. Als weiteres Beispiel ist in Abb. 3 eine EBSD-Analyse an additiv gefertigtem Ti-6Al-4V gezeigt. Das resultierende Gefüge ist martensitisch (α-Titan). Die Rekonstruktion des Ausgangskorngefüges, das bei hoher Temperatur während des Herstellprozesses vorgelegen hat, ist bei Ti-Legierungen meist gut möglich, da es nur eine begrenzte Anzahl und genau definierte Orientierungsbeziehungen zwischen der sich bildenden α-Phase und der Hochtemperatur β-Phase gibt. Mithilfe einer Rekonstruktion lässt sich somit aus den EBSD-Scans von Umwandlungsgefügen in vielen Fällen das Gefüge vor der Phasenumwandlung rekonstruieren (Abb. 3).