Glasbiegen ohne Biegeform
Das lasergestützte Verfahren aus dem Fraunhofer IWM ermöglicht in der Architektur, aber auch im Industrie-Design komplexe Formen, die bisher nicht oder nur mit großem Aufwand realisierbar waren. Das Flachglas wird geformt, ohne dass eine Biegeform Druck ausübt. So bleiben keine unschönen Abdrücke zurück – das Glas bleibt an seinen geraden Flächen optisch unverzerrt.
Software steuert den Laserstrahl
Zum Einstellen der gewünschten Form des Produkts wird zunächst ein Verfahrensablauf programmiert. Auf Grundlage der Geometriedaten werden die Dauer und die zeitliche und örtliche Abfolge der Erwärmung festgelegt sowie das Steuerprogramm für den Laserstrahl erstellt. Dabei kann der Laser zwischendurch pausieren, bestimmte Partien mehrmals erhitzen oder die Leistung verändern. »Mit unserer Technik können Hersteller ganz individuelle Glasobjekte in kleiner Stückzahl oder sogar in Einzelstücken wirtschaftlich produzieren«, sagt Tobias Rist, Wissenschaftler am Fraunhofer IWM.
Der gesamte Vorgang vom Einbringen des Glases in den Ofen bis zum Abkühlen dauert etwa eine halbe Stunde. Der Laser selbst benötigt je nach gewünschter Form nur ein paar Minuten. »Ein entscheidender Vorteil für Hersteller ist die kurze Belegungszeit der Maschine. Man bringt das Werkstück in den vorgeheizten Ofen, dann kann der Laser nach wenigen Minuten loslegen«, erklärt Tobias Rist. Danach kühlt das Glas außerhalb des Biegeofens ab und macht so Platz für das nächste Werkstück, ohne dass der Ofen heruntergekühlt werden muss. Das ist deutlich energieeffizienter als herkömmliche Verfahren: Der Laser ist zwar energieintensiv, aber die sehr kurzen Bearbeitungszeiten sparen wiederum Strom.
Bewegliche Spiegel lenken den Laserstrahl
Die Gruppe »Bearbeitungsverfahren, Glasformgebung« des Fraunhofer IWM nutzt ein leistungsstarkes CO2-Laser-Modell. Solche Laser werden in der Industrie häufig für die Materialbearbeitung eingesetzt. Der Laserstrahl trifft nicht direkt auf das Werkstück, es wird vielmehr über bewegliche Spiegel in das Innere des Ofens gelenkt. So lässt sich der Laserstrahl sehr schnell und einfach positionieren, da man nicht die gesamte Laserapparatur bewegen muss. Derzeit ist das Team in der Lage, Gläser bis zu einer Kantenlänge von 100 Zentimeter zu bearbeiten und auch Formen zu beiden Seiten der Glasscheibe einzubringen. Im nächsten Schritt experimentieren die Forscherinnen und Forscher mit verschiedenen Glassorten und erproben weitere Varianten in der Fertigung, um die Formenvielfalt bei den Produkten zu vergrößern.
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Tobias Rist
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